Zum neuen Jahr übergibt Thomas Schlegel die Leitung des operativen Geschäfts an Jana Petri. Die beiden haben sich gegenseitig Fragen zu ihrer Arbeit gestellt und sind darüber ins Gespräch gekommen.
Thomas: Jana, du übernimmst jetzt die Leitung des operativen Geschäfts. Was reizt dich an der Aufgabe?
Jana: Ich sehe ganz viel Potenzial in den Erprobungsräumen. Ich finde es großartig, dass es hier den Raum gibt, Kirche immer wieder neu probieren zu können, kein „so ist es und so muss es bleiben“. Es ist das Wesen von Kirche, dass sie sich immer wieder verändert. Und ich finde es cool, dass genau dieses Ausprobieren und Verändern explizit unsere Aufgabe ist. Es ist keine leichte Aufgabe, so ein Erbe zu übernehmen, aber ich bin ja zum Glück nicht allein. Es gibt das Team hier vor Ort, die Steuerungsgruppe, die Lenkungsgruppe und die einzelnen Erprobungsräume haben ja auch schon selbst viel Erfahrung gesammelt.
Thomas: Wovor hast du Respekt?
Jana: Ich habe Respekt vor den üblichen Reibereien. Wo Altes infrage gestellt und Neues implementiert wird, gibt es immer Konflikte. Vor denen habe ich Respekt, aber keine Angst, weil ich glaube, dass man daran sehr gut wachsen kann. Darauf freue ich mich.
Thomas: Jana, du bist jetzt auch schon ein Jahr da. Wie passt Institution und Innovation zusammen? Oder passt das vielleicht gar nicht zusammen?
Jana: Ich bin ja ein sehr optimistischer Mensch und ich habe auch schon einige Veränderungen gesehen und daher glaube ich, dass sich auch Institutionen verändern können. Wenn ich nicht die Hoffnung hätte, dass sich Dinge verändern können, wäre ich nicht mehr in der Kirche. Aber da ist auf jeden Fall noch viel Luft nach oben.
Thomas: Wie helfen dir deine Erfahrungen für deine neue Aufgabe?
Jana: Ich bringe viel Erfahrung mit dem Ausprobieren mit. Sowohl als Pfarrerin in der Rhön als auch als Superintendentin im Henneberger Land konnte ich gemeinsam mit Gemeinden, Haupt- und Ehrenamtlichen viel erproben. Dabei haben immer wieder gelernt: Gott ist auch heute noch am Wirken. Das lässt mich vertrauen und mutig in die Zukunft blicken.
Thomas: Wo willst du neue Akzente setzen?
Jana: Mein Wunsch ist schon, dass sich Kirche an und mit den Erprobungsräumen verändert. Wir wissen doch gar nicht, was der richtige Weg ist. Überall muss probiert werden, nicht nur im Erprobungsraum. Die erprobende Haltung sollte sich auch in unserem landeskirchenlichen System noch mehr ausbreiten. In den Gemeinden und Kirchenkreisen, im Amt, in den Strukturüberlegungen, im Finanzsystem.
Thomas: Ich glaube, deswegen ist das Erproben so wichtig für Kirche. Weil wir damit den Modus wechseln. Wir sind sehr oft in allen Debatten und Entscheidungen rückwärtsgewandt. Wir verwalten das Bestehende und bauen zurück, Hauptsache das Alte bleibt bestehen. Ich glaube, das Erproben schaut nicht zurück, sondern nach vorn, schaut ins Ungewisse und geht ein Risiko ein.
Jana: Das ist ja genau die Botschaft, die wir verkünden. Wir dürfen das Vertrauen haben, dass es gut wird. Gott baut seine Kirche mit uns und nicht wir allein.
Thomas: Aber wir handeln überhaupt nicht so. Wir klammern uns an allem fest: dem Status, dem Geld, den Gebäuden. Warum lassen wir nicht los?
Jana: Aus der Vergangenheit kann man ja immer auch einiges lernen, daher ist es manchmal gut, zurückzuschauen. Aber trotzdem finde ich, das kann nicht das Alleinige sein. Wir müssen auch nach vorn schauen und in Rücksprache mit „oben“ herausfinden, welche Wege zu gehen sind.
Thomas: Das ist ein bisschen wie ein Auszug aus Ägypten. Weg von den Sicherheiten, hin in das verheißungsvolle Land. Das sagt sich leicht, ist aber ein langer und steiniger Weg.
Jana: Ja, genau! Oder wie bei Abraham, wo Gott sagt: „Ich zeige dir das Land, das du noch nicht kennst, vertraue mir!“. Manchmal muss man erst einmal abspringen, auch wenn der Landepunkt noch nicht klar ist. Das erfordert Mut und Vertrauen. Aber ohne Absprung bewegt sich nichts.